Asyl in Manching – Nerb fordert mehr Solidarität der südlichen Landkreisgemeinden

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200 Manchinger am 4. November bei Landkreis Bürgerversammlung zum Thema Asyl

Wie geht es weiter mit dem Aufnahmezentrum in der Max-Immelmann-Kaserne. Wie viel, wer und wie lange kommen Asylbewerber? Bei der dritten, diesmal in Manching vom Landratsamt anberaumten Asyl-Bürgerversammlung ging das Konzept des lokalen Bürgerdialogs auf: Die Bürger wollten keine Gesellschaftsdebatte führen, sondern überwiegend über lokales reden.

Nach den ersten, von den Bürgern als Aufruf zur allgemeinen Gesellschaftsdebatte missinterpretierten Asyl-Bürgerversammlungen in Geisenfeld und Wolnzach, erlebte man die dritte Asyl-Bürgerversammlung in Manching als äußerst sach- und ortsbezogenen Bürgerdialog mit den Verantwortlichen.

Bereits nach der ersten Frage war klar, hier geht es den Anwesenden überwiegend um die Erörterung der örtlichen Befindlichkeit. Landrat Martin Wolf, Bürgermeister Herbert Nerb und der Landtagsabgeordnete Karl Straub konnten zusammen mit den mit am Podium sitzenden Experten des Landratsamtes und der Caritas ruhig auf die ihnen ebenfalls ruhig, sachlich und fern ab von emotionsgeladenen Meinungsbekundungen gestellten Fragen antworten.

Auch den Bürgern in Manching ging es, wie schon zuvor in den oben genannten Gemeinden um Quoten und Königsberger Schlüssel. Um Kosten, mögliche Begrenzung und Registrierung von Flüchtlingen.

Auch das „wie lange noch“ wurde angesprochen. Aber alles mit Bezug auf die derzeitige und bei unverändertem Zustrom nach Bayern momentan absehbare zukünftige Situation für den Ort, das Aufnahmezentrum, den Landkreis und die Region.

Nebenbei wurde natürlich, den Sensationsmedien sei Dank und für den Beobachter jetzt nicht wirklich überraschend, auch die Frage nach einer Haftpflichtversicherung für Asylbewerber gestellt. (Antwort darauf siehe hier)

Einen von zwei Knalleffekten gab es, als Manchings Bürgermeister auf die zuvor vom Landrat vorgebrachte Befürchtung einer Turnhallenbelegung bei Notsituationen einging.

Eine kommende Notsituation sehe ich überhaupt nicht“ wiedersprach Herbert Nerb. Die Aufnahmesituation für Asylbewerber könne auch ohne Turnhallenbelegung befriedigend gelöst werden, „wenn einige Bürgermeisterkollegen im Süden des Landkreises endlich Gas geben“ und Gebäude bauen würden. „Nur weil wir und Geisenfeld zufällig die Kasernen haben, können wir Gemeinden im Landkreisnorden nicht am meisten belastet werden“. Belegung von Turnhallen „sei das Allerletzte, und dagegen werde ich mich auch wehren“, gab sich Nerb kämpferisch.

Für den zweiten Aufmerker sorgte Landtagsabgeordneter Karl Straub, als er mit Blick auf den Landrat die aus dem Landratsamt fast Mantra Haft kommunizierte Zwei-Prozent-Aufnahmequote für Asylbewerber im Landkreis zum frommen Wunsch erklärte. „Entschuldige lieber Landrat“ wandte sich Straub an Landrat Wolf, “die zwei Prozent werden nie und nimmer zu halten sein. Wir werden uns noch ein Stück weit bewegen müssen“.

Für eine besonders angenehme Überraschung sorgte die Wortmeldung einer Manchingerin, die die einzige Meinungsäußerung des Abends abgab. Sie wolle sich beim Landrat und seinen Mitarbeitern für den umsichtigen und bedachten Umgang mit der Asylsituation im Landkreis bedanken.

Dieses Bürgerlob und der lang anhaltende Beifall darauf waren der bisherigen Arbeit geschuldet. Ob diese Zustimmung auch über die Jahreswende hält, dürfte sich der so unvermittelt Gelobte in diesem Augenblick gefragt haben. 16 von 20 Landkreisen in Oberbayern mussten mangels Alternativen bereits Turnhallen für Asylbewerberunterkünfte zweckentfremden, berichtete Wolf auf dieser Bürgerversammlung.

Wenn sich nichts Wesentliches an der Außenwahrnehmung über die Bundesrepublik ändert und zum Beispiel Schlepper in Afghanistan mit Handybildern vom schönen, offenen Deutschland werbend ihrem Geschäft nachgehen können, werden die Flüchtlingsströme nicht abreißen. Und dann müssen auch unpopuläre Maßnahmen im Landratsamt getroffen werden. Das Lob und den Beifall konnte sich Landrat Wolf nicht eintüten. Wenn’s schief läuft in Sachen Asyl, wird auch die Erinnerung daran schnell verblassen.

Kurz nach 21 Uhr war alles gefragt und beantwortet und die Manchinger Bürgerversammlung zum Thema Asyl war nach gut Zwei Stunden beendet. Für einige gerade rechtzeitig.

Denn das Schicksal wollte es, dass, wie schon zuvor in Geisenfeld, der Abend der Bürgerversammlung mit einem vom ZDF übertragenen Fußballspiel in der UEFA Champions League kollidierte.

Für die Protagonisten beider Veranstaltungen war dieser Abend gewinnbringend. Sowohl für den FC Bayern München als auch für die Bürger Manchings und die Vertreter des Landkreises.

Über Bernd Schuhböck

Nicht nach heutigen, jedoch nach den Maßstäben der Ära Willy Brandt politisch eher linksliberal. Wer ihn missverstehen möchte, nennt ihn einen Sozialromantiker. Wer ihn kennt, wertkonservativ und mit zu viel Ethos für einen Bayer. Der Mann für´s kommunale, soziale oder sonstwie politische. Oder für Themen, für die sich keiner fand, der sie aufgreifen wollte.

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